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Kiss Me Twice Page 3


  »… Perversling?«, schlug Helena vor.

  »… Idiot?«, konterte Penelope.

  »… verzogener Snob?«, schob Helena nach.

  Ich funkelte beide an. »Wenn das so ist, lasse ich Evangeline nächstes Mal einfach in der Windmühle stecken«, brummte ich und riskierte noch einen Blick auf das Titelblatt der Zeitung. Räuspernd spülte ich das Schamgefühl mit einem Schluck Kaffee hinunter.

  »Genau das solltest du tun, Prescot«, sagte mein Vater ernst. »Selbst wenn du Evangeline nur helfen wolltest, bist am Ende du auf der Titelseite gelandet, nicht sie. Solche Presse können wir uns nicht leisten. Evangeline kann auf sich selbst …«

  »Es ist mir lieber, die Leute sehen auf solchen Bildern mich als meine vierzehnjährige Cousine, die sturzbetrunken und heulend auf einem Minigolfplatz sitzt. Ich halte den Spott aus. Sie nicht«, unterbrach ich ihn ernst.

  Carla, unser persönliches Dienstmädchen, kam hereingehuscht. Ihre Schritte klickten auf dem Marmorboden, als hätte sie Elfenfüßchen, während sie den Zwillingen Kaffee einschenkte und frische Brötchen auf den Tisch stellte. Ich nahm mir eines und beschmierte es so fett mit Nutella, dass es mehr Nutella als Brot war.

  »Weißt du, was dein Problem ist?«, fragte Helena und deutete mit ihrem Buttermesser auf mich.

  »Seine perverse Neigung zu Nutella?«, warf Penelope angeekelt ein.

  »Meine Schönheit? Mein Charme? Meine Fähigkeit, die Zunge einzurollen?«, schlug ich vor.

  »Falsch!« Helena fuchtelte mit ihrem Buttermesser herum. »Du hast dich verändert, Scotty. Seit der Uni bist du ein viel zu nettes Weichei. Wenn du so weitermachst, bricht dir eines Tages noch ein Mädchen das Herz, und auf die Heulerei danach kann ich getrost verzichten.«

  Ich musterte sie und spürte das schale Lächeln auf meinen Lippen, während ich mein Spiegelbild in der Messerschneide betrachtete. Nett. Weichei. Ich erinnerte mich an eine Zeit, da hatten mir die Leute ganz andere Worte an den Kopf geworfen. Die Person, die mir jetzt entgegensah, war vielleicht weich und landete mit solchen Peinlichkeiten auf den Titelblättern des Landes, doch zumindest konnte ich mich wieder ansehen, ohne dabei Übelkeit zu empfinden.

  »Danke«, sagte ich daher nur und lächelte meiner Schwester zu.

  Penelope und Helena bedachten mich mit exakt demselben mitleidigen Blick. »Fakt ist: Du lässt dich viel zu schnell in Schwierigkeiten bringen.«

  »Evangeline ist unsere Cousine, das ist was anderes«, erwiderte ich finster.

  »Sie ist eine total verzogene Göre, die dich schamlos ausnutzt. Hör auf, ihr andauernd aus der Patsche zu helfen, Scotty.«

  »Dir helfe ich auch andauernd«, erinnerte ich sie.

  Helena grinste, und ich bekam einen Kuss auf die Wange. »Ich weiß, aber ich bin auch deine Schwester. Bei mir darfst du das.«

  »Können wir bitte bei der Sache bleiben?«, unterbrach uns Dad, und ich beobachtete besorgt, wie er das Essen auf seinem Teller mit der Gabel malträtierte, anstatt es zu essen. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, während ich das Brötchen weglegte.

  »Es tut mir leid, Dad«, sagte ich ernst. »Ich wollte nicht …«

  »Ich weiß, mein Junge«, unterbrach er mich und lächelte müde. Die Fältchen um seine Augen waren tiefer geworden, seit Grandpa gestorben war. Wobei es sich bei unserem Grandpa um Lewis Leopold Leon Bloomsbury, König von Nova Scotia, a.k.a. Leopold II., gehandelt hatte. Wenn man mich fragte, ein garstiger alter Kauz, der es selbst noch aus seinem Grab heraus schaffte, seine Familie – also uns – zu terrorisieren.

  Unser Vorvorvorvorvorfahr, ein gewisser Sir William Alexander Bloomsbury, hatte vor etwa dreihundert Jahren vom damaligen König von England für das erfolgreiche Zerschlagen des Jakobitenaufstands das gesamte Gebiet zwischen Neuengland und Neufundland erhalten. Die damalige ostkanadische Provinz Nova Scotia, die bis dato unter der englischen Krone regiert worden war, wurde ab diesem Zeitpunkt zu einem unabhängigen Königreich. Wenn die Briten damals gewusst hätten, über welch hohe Goldvorkommen das Land verfügte, das sie gerade abgetreten hatten, dann hätten sie es sich wahrscheinlich dreimal überlegt.

  Bereut haben sie es auf alle Fälle, zumindest eine Zeit lang. Vor allem in den Siebzigerjahren, in denen Nova Scotia durch die Entdeckung weiterer Goldvorkommen von einem wohlhabenden Königreich zu einem der reichsten Länder der Welt aufstieg. Die Briten bissen sich in den Hintern, und die Könige von Nova Scotia, die Minister, das ganze Land schwamm im Prunk, bis … bis die Goldvorkommen deutlich schneller versiegten als erwartet. Vielleicht hatte es aber auch Anzeichen dafür gegeben, und mein Großvater hatte die Warnsignale schlichtweg ignoriert. Wer weiß, jedenfalls war Nova Scotias Wirtschaft von einem Tag auf den anderen zusammengebrochen. Vielleicht war mein Großvater deshalb so ein garstiger Zausel gewesen. Immerhin war unter seinen Händen das Königreich mehr oder weniger zerfallen.

  Die Krone litt seitdem immer noch unter heftiger Kritik. Die Löcher, die der Verlust des Goldeinkommens in unsere Taschen geschlagen hatte, heilten nur langsam. Und wenn die Bewohner von Nova Scotia eines nicht waren, dann flexibel. Das ganze winzige Land schien aus starrköpfigen, traditionalistischen Eigenbrötlern zu bestehen. Und mein Großvater war bis zu seinem Tod der perfekte König dieser Sturköpfe gewesen.

  »Wir müssen das besprechen, bevor …«, setzte Dad an, als die Tür erneut aufging.

  »Ich erwarte eine Erklärung«, bellte uns eine tiefe Stimme quer durch den Raum an.

  Ruckartig stellten sich mir die Nackenhärchen auf, und Penelope versteifte ihren Rücken noch mehr als ohnehin schon, während Helena besorgt ihr Handy sinken ließ. Die Falten meines Vaters wurden noch eine Spur tiefer.

  »Bruder, was führt dich zu uns in den Westflügel?«, fragte er in einem Ton, den er sich üblicherweise für schwierige Politiker aufhob.

  Onkel Oscar schnaubte, während ich ihn in der Spiegelung des hohen Spitzbogenfensters betrachtete. Er hatte etwas extrem Irritierendes an sich. Der Mann, der gerade mit großen Schritten den Speisesaal betrat und uns mit seinen scharfen hellblauen Augen musterte, wirkte keinen Tag älter als fünfunddreißig, obwohl er bereits auf die fünfzig zuging. Schon seit meiner Kindheit sagten mir die Leute, dass ich meinem Onkel wie aus dem Gesicht geschnitten war, obwohl wir durch die Adoption meines Vaters nur entfernt über meine Mutter blutsverwandt waren. Rein optisch gesehen nahm ich an, dass es sich dabei um ein Kompliment handelte. Wir besaßen das gleiche dunkelblonde Haar und ähnlich breite Schultern sowie schlanke, muskulöse Körper. Während ich im Augenblick jedoch noch T-Shirt und Jogginghose von heute Nacht trug, steckte Onkel Oscar bereits um acht Uhr morgens in einem maßgeschneiderten Anzug, der ihn noch breiter aussehen ließ. Die goldene Nadel an seiner Krawatte blitzte im Sonnenlicht auf, als er näher kam. Er bewegte sich wie ein Raubtier, kurz bevor es seine Beute riss. Und in etwa so fixierte er uns gerade auch.

  »Spar dir die Floskeln«, sagte Oscar, und ich fragte mich, ob meine Stimme auch einmal genauso dunkel und erbarmungslos klingen würde, wenn ich älter war.

  Obwohl sich meine Schultern anspannten, heuchelte ich weiterhin Desinteresse, während sich mein Vater die Brille zurechtrückte und seinen jüngeren Stiefbruder kühl musterte.

  »Wenn es um diese Fotos von Prescot geht: Wir haben bereits darüber gesp…«

  Onkel Oscar unterbrach Dad mit einem harten Schnauben und knallte seine Hände so stark auf den Tisch, dass Helenas Orangensaftglas umkippte. Der Inhalt breitete sich wie ein Blutfleck auf dem blütenweißen Tischtuch aus. Niemand rührte sich. Die Angestellten hatten sich zurückgezogen, wie immer wenn Oscar den Raum betrat. Wie Geister, die vor der Sonne zurückwichen. Oder vor einem Exorzisten.

  »Ich rede nicht von den Fotos. Wenn Prescot sich vor der ganzen Welt lächerlich machen will, dann soll er das tun«, schnaubte Onkel Oscar. »Ich bin hier, weil ich Meldung erhalten habe, dass Prescot seinen Bodyguard gefeuert hat.«

  »Was? Schon wieder? Wann?«, fragte mein Vater sichtlich erstaunt.

  Oscars Blick f
ühlte sich an wie ein kalter Eiswürfel, der mir den Rücken hinabrutschte.

  »Die Frage ist nicht wann, sondern warum. Ich habe dem Bengel bereits x-mal gesagt, dass er sich nicht in Personalangelegenheiten einmischen soll. Die Bodyguards sind speziell für ihre Posten im Königshaus ausgebildet. Diese Männer wissen, was sie tun, und sind seit Jahren Angestellte der Krone. Er hat ihnen also nichts zu befehlen, geschweige denn, ihnen zu kündigen.«

  Ich zwang eine kühle Miene auf mein Gesicht, ehe ich mich umwandte und meinem Onkel einen abschätzigen Blick zuwarf. »Und wer hat das dann zu entscheiden?« Ich zog eine Augenbraue hoch. »Du etwa?«

  »Scott«, sagte mein Vater scharf, doch mein Onkel lehnte sich bereits so weit vor, dass mir sein Aftershave in der Nase brannte.

  Niemals, schwor ich mir, während ich mich innerlich wand, niemals werde ich wie dieser Mann werden. Egal wie ähnlich wir uns sahen: Wenn ich ein Weichei sein musste, um nicht so zu werden wie mein Onkel, dann war ich liebend gern ein Weichei. Eines, das seine Familie liebte und nicht einschüchterte.

  »Ich bin die Krone«, sagte Oscar gefährlich ruhig. »Ich entscheide über das Personal. Nicht dein Vater, und schon gar nicht du.«

  Ich legte ein spöttisches Lächeln auf meine Lippen, obwohl sich mein Herz vor Angst zusammenzog. Jeder hatte Angst vor meinem Onkel. Sein heißblütiges Temperament war berüchtigt, alle kuschten, alle flüsterten, wenn er die Gänge entlangkam. Doch ich hatte es satt, vor ihm zu kuschen. Ich mochte viel sein, aber definitiv kein Feigling. Ich lehnte mich ebenfalls vor. »In Großvaters Testament steht klar und deutlich, dass er meinen Vater als seinen Nachfolger einsetzt. Solange das Parlament keine Entscheidung getroffen hat, ob das Testament anerkannt wird, solange also die Nachfolge unklar ist, feuere ich meine Bodyguards, so oft ich will. Vor allem, wenn sie schlechte Arbeit leisten.«

  Wir starrten uns an, und die Pupillen meines Onkels zogen sich ruckartig zusammen, bis sie wie pechschwarze Stecknadelköpfe wirkten. Seine Hand schnellte nach vorn, packte mich am Kragen und zog mich so abrupt zu ihm hinüber, dass mein Stuhl bedrohlich kippte.

  »Du mieser kleiner …«, zischte Oscar mir direkt ins Gesicht.

  »Genug!«, brüllte mein Vater, und im nächsten Moment löste sich der harte Griff von meinem Shirt.

  Schwungvoll krachte ich zusammen mit dem Stuhl zurück, rieb mir den Hals und sah in das zornige Gesicht meines Onkels.

  »Reiß dich zusammen, Oscar«, sagte mein Vater schroff.

  »Dein Sohn sollte sich zusammenreißen, wenn er weiß, was gut für ihn ist!« Oscar sagte die Worte nicht, er kläffte sie wie ein Hund in die Luft. »Du und Leigh, ihr habt die Kinder verzogen. Solch eine Respektlosigkeit hätte unser Vater niemals zugelassen, und ich werde es auch nicht tun. Die Erbfolge mag wegen des Testaments infrage gestellt sein, doch seit jeher bin ich als der Nachfolger des Königs von Nova Scotia vorgesehen. Du bist doch nichts weiter als das Balg seiner zweiten Frau. Dieses bürgerliche Flittchen! Vater mag dich damals adoptiert haben, aber ich werde niemals zulassen, dass du Nova Scotia regierst und unseren Familiennamen in den Schmutz ziehst«, fuhr Oscar kalt fort, während er sich seine goldenen Manschettenknöpfe richtete.

  Ich zuckte bei den harten Worten zusammen, doch das Gesicht meines Vaters blieb absolut ungerührt, während er sich die Brille zurechtrückte.

  Es war kein Geheimnis, dass mein Vater nicht der leibliche Sohn von König Leopold II. war. Mein Großvater hatte schon immer gern für saftige Skandale gesorgt. Nach dem Tod von Oscars Mutter hatte er sich seine zweite Frau aus dem Volk ausgesucht. Und als wäre das nicht genug, war sie auch noch geschieden und brachte einen Sohn aus erster Ehe mit. Meinen Vater. Noch vor hundert Jahren hätte so etwas wahrscheinlich einen Krieg ausgelöst. Zumindest hatten in Großbritannien Könige für solche Vorkommnisse bereits abdanken müssen. Doch mein Großvater war stur und pfiff nicht nur auf die Meinung der anderen, sondern war auch noch Meister darin, Schlupflöcher im Gesetz zu finden. Er hatte meinen Vater als seinen Sohn adoptiert, weshalb wir ebenfalls den Namen Bloomsbury trugen. Doch einen Platz in der Thronfolge hatte Dad damals nicht erhalten.

  Aber vor genau einem Jahr hatte Großvater schließlich mit seinem plötzlichen Tod einen erneuten Skandal losgetreten, wie es ihn in Nova Scotia noch nicht gegeben hatte. Denn in seinem Testament hatte er einfach ohne Ankündigung das Gesetz geändert und seinen Adoptivsohn zum Thronfolger bestimmt. Wir alle waren geschockt darüber gewesen, aber am meisten wohl Onkel Oscar. Ich hätte sogar Verständnis für ihn gehabt, wenn er dabei nicht so ein absolutes Arschloch gewesen wäre. Bei solch einem Vater war es kein Wunder, dass seine Tochter Evangeline außer Rand und Band war und bei jeder Gelegenheit aus dem Palast türmte.

  »Ich glaube, es ist besser, du gehst jetzt, Oscar. Mein Terminplan ist bis zum Platzen voll, und es würde mich wundern, wenn deiner anders aussieht«, sagte mein Vater. Ich bewunderte ihn dafür, wie ruhig und beherrscht er dabei klang.

  Onkel Oscar schnaubte und warf mir einen weiteren abschätzigen Blick zu. »Dein Geleitschutz bleibt. Und wenn ich noch ein einziges Mal deinen Hintern auf der Titelseite sehe, verfrachte ich dich nach Großbritannien zurück. Das Internat hätte dir weiß Gott mehr Disziplin einprügeln sollen!«

  Mit einem letzten kalten Blick verschwand Oscar endlich aus dem Frühstückszimmer. Als er die Tür hinter sich zuschlug, schien er die Hälfe des Sauerstoffs mit sich zu nehmen. Uns allen war der Appetit vergangen.

  »Das war …«, setzte Helena an.

  »… grauenvoll, jedoch zu erwarten«, beendete Penelope trocken.

  Helena warf ihr einen wütenden Blick zu, ehe sie mich in eine Umarmung zog, die mir beinahe den Rücken brach. Helenas Liebe war immer ein wenig ungestüm.

  »Hör nicht auf sie«, murmelte sie mir ins Ohr, während ich sie liebevoll zurückdrückte. »Niemand traut sich, so mit Onkel Oscar umzugehen. Nicht mal Dad. Nur du. Ich bin stolz auf dich.«

  »Genau aus diesem Grund möchte ich eigentlich, dass du Ärger vermeidest, Prescot«, seufzte mein Vater. »Die Situation ist ohnehin schon angespannt genug, warum musst du dann auch noch andauernd mit dem Kopf durch die Wand? Außerdem, was soll diese Sache mit dem Bodyguard?« Mit jedem Wort schien er einige Zentimeter in sich zusammenzusacken. Wie ein Ballon, dem die Luft ausging.

  Helena löste sich von mir und zog Dad ebenfalls in ihre Knochenbruchumarmung.

  »Ist schon gut, Liebes«, presste er hervor, während er ihr hektisch den Kopf tätschelte, damit sie ihn wieder losließ.

  »Dieser Bodyguard …«, schnaubte ich und deutete abfällig mit dem Kinn auf die Zeitung am Tisch. »Wer, glaubst du, hat dieses hübsche Foto geschossen? Soweit ich mich erinnern kann, war niemand in der Nähe, bis Coldwin plötzlich angerannt kam und meinte, er hätte uns aus den Augen verloren.«

  »Du meinst, der Bodyguard hat das Foto gemacht und der Presse zugespielt?«, fragte Dad.

  »Das ist doch lächerlich«, sagte Penelope.

  Ich musterte sie beide genervt. »Tut doch nicht so, als wäre es euch nicht auch schon aufgefallen«, fuhr ich sie härter an als beabsichtigt. »Jeder hier in diesem Palast arbeitet für Onkel Oscar. Wundert ihr euch nicht, dass auf diesem Bild nur ich zu sehen bin? Keine Spur von Evangeline! Andauernd tauchen Bilder von uns in der Klatschpresse auf. Nur von uns! Es sind immer Fotos, die niemand außer den Bodyguards oder irgendwelchen anderen Angestellten gemacht haben kann.«

  »Ich mag die Bodyguards des Palasts auch nicht«, warf Helena ein und knibbelte an ihrem dunklen Nagellack herum. »Sie schleichen dauernd so seltsam um uns rum.«

  »Sie machen einfach nur ihren Job, das ist alles«, wandte Penelope pragmatisch wie immer ein.

  »Nein, ich glaube auch, dass sie uns für Onkel Oscar bespitzeln«, widersprach ihr Helena.

  »Es macht außerdem Sinn«, warf ich grimmig ein. »Es kommt Oscar zugute, wenn er uns vor dem Volk als unfähig darstellt.« Ich mahlte mit den Kiefern, als Penelope und mein Dad gleichzeitig die Augen verdrehten.

  »Solange di
e Thronfolge nicht geklärt ist, müssen wir dieses Spiel eben mitspielen«, wandte mein Vater müde ein. »Und dazu gehören auch die Bodyguards.«

  Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann will ich einen Bodyguard, der nicht für Onkel Oscar arbeitet«, sagte ich bestimmt. »Ich will meinem Bodyguard vertrauen können.«

  »Viel Glück! Du wirst in ganz Kanada keinen Geleitschutz finden, der nicht von Oscar geschmiert wurde«, wandte Penelope ein.

  Ich funkelte sie an. »Dann lasse ich mir eben was einfallen.«

  Penelope zog eine Augenbraue hoch. »Kennst du denn eine Securityfirma, die gegen die Erlaubnis der Krone einen Bodyguard zur Verfügung stellen würde? Und dann auch noch einen unbestechlichen?«

  »Nein«, gab ich zu und kratzte mir das Kinn. Mit so etwas hatte ich mich noch nie beschäftigen müssen. Mit einem ganzen Haufen Zeug, das jetzt plötzlich wichtig wurde, hatte ich mich bisher nicht beschäftigen müssen. Aber so war das wohl, wenn man plötzlich lernen musste, Verantwortung zu übernehmen. »Obwohl, vielleicht wüsste ich jemanden, der helfen könnte«, wandte ich ein.

  »Wen denn?«, bohrte Helena nach.

  Ich zögerte. »Unseren Cousin Alex. Er hat mir mal von diesem Bodyguard an seiner Uni erzählt, der persönlichen Geleitschutz …«

  »Schluss jetzt, Prescot«, unterbrach uns Dad, während er seine Brille gerade rückte. »Du wirst erst einmal gar nichts tun. Habt ihr schon alles vorbereitet? Unser Flug nach Vancouver geht in zwei Stunden. Unser Terminkalender platzt aus allen Nähten, das Parlament tritt in wenigen Tagen zusammen, und ich brauche euch alle hinter mir.« Er sah mich vorwurfsvoll an.

  »Ich habe schon vor drei Tagen alles Notwendige gepackt«, sagte Penelope.

  »Und ich bin heute fertig geworden«, ergänzte Helena und tippte auf ihrem Handy herum.

  Dad sah mich an. »Ich … gehe ja schon«, murmelte ich und fuhr mir durchs Haar.

  »Eine Stunde, Prescot«, rief mir mein Vater nach.

  Ich winkte als Zeichen, dass ich ihn gehört hatte. Vielleicht konnte ich eines der Dienstmädchen bestechen, meine Koffer zu packen, während ich ein Nickerchen machte.