Free Novel Read

Kiss Me Twice Page 2


  Ich riss den Kühlschrank auf und besah mir den Inhalt. Jupp, da war nichts drin außer … Was war das? Ich legte den Kopf schief. Seit wann hatte ich so ein kleines schwarzes Gemüse in meinem Kühlschrank? Und vor allem … warum starrte das kleine schwarze Gemüse zurück? »Scheiß Kakerlake!«, fluchte ich.

  Die Kakerlake zuckte und begann blitzschnell auf mich zuzuwuseln. Ebenso blitzschnell knallte ich den Kühlschrank wieder zu und sprang auf. Nicht schon wieder! Die Dinger waren in den gesamten Südstaaten die reinste Plage. Hier in diesem miesen Viertel von Miami gehörten sie praktisch zur Grundausstattung. Trotzdem musste ich das Ganze dem Vermieter melden, und der würde aus Gründen der Schädlingsbekämpfung wieder mal die Miete erhöhen. Das Geld ging – das Ungeziefer blieb. Ich verpasste Kühlschrank Schlumpfi einen frustrierten Tritt, schnappte mir meine Schlüssel und zog mir die schwarzen Converse wieder an. Sparen war gut, doch hungern konnte ich mir auch nicht leisten. Ich schaltete den Fernseher aus und verließ das Haus. Mr Hyde schmollte mir hinterher.

  Sobald ich die Haustür hinter mir schloss, mischte sich der salzige Geruch des Meers mit der typischen drückend schwülen Hitze Floridas. Das Gittertor zum Hinterhof klirrte, als ich es hinter mir zuschlug. Der Dobermann des Nachbarn begann zu kläffen, und drei Fenster über mir starrte die alte Miss Pips zwischen ihren gelblichen Spitzengardinen zu mir hinab. Fröhlich winkte ich ihr zu. Die Alte starrte mich so entsetzt an, als hätte ich ihr den Mittelfinger gezeigt, und zog ruckartig die Gardinen zu. Jupp, die Gegend hier war wirklich Zucker. Aber zumindest musste ich mir um meine Sicherheit keine Sorgen machen. Mit den wenigen Kerlen, die sich tatsächlich getraut hatten, mir blöd zu kommen, hatte ich den Asphalt aufgewischt. Ich würde Harry immer, immer, immer dankbar sein, dass er mir die Ausbildung zur Security finanziert hatte.

  Ich trat eine Cokedose aus dem Weg und stapfte die Straße entlang. Das grünliche Licht der Laternen warf meinen Schatten gezackt auf den Asphalt, und ich erkannte mein Spiegelbild in der Scheibe der chinesischen Imbissbude, die ich ansteuerte. Was ich darin sah, ließ mich für einen Wimpernschlag innehalten. Eine junge Frau starrte mich aus ernsten, blauen beinah grauen Augen an. Einen Meter achtzig groß, mit einem langen, weißblonden Zopf, der ihr fast bis zur Hüfte hing. Die Arme, die aus den hochgekrempelten Ärmeln der Collagejacke hervortraten, von oben bis unten tätowiert. Ich war mir nicht sicher, ob mir gefiel, was ich sah. Denn immer wieder ertappte ich mich bei der Frage, ob ich wohl anders aussehen würde, wenn mein Leben anders verlaufen wäre.

  Ich schüttelte den Kopf. Als ich in den Imbiss trat, klingelte eine Glocke, und Chao Lin grinste mich durch den Dampf an, der aus einer Wokpfanne aufstieg.

  »Hi, Silver! Wieder nix im Kühlschrank gefunden, was?«, begrüßte er mich mit schwerem Südstaatenslang.

  »Doch. Ungeziefer.«

  Chao grinste breit. Er sah irgendwie immer glücklich aus, und oft unterhielt ich mich mit ihm, einfach um mich mit etwas Fröhlichem zu beschäftigen.

  »Das haben wir hier auch«, meinte Chao, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wenn es zwischen den Zähnen knirscht, dann tu einfach so, als wäre es der Pak Choi.« Er grinste.

  »Toll. Dann nehme ich die Nudeln mit Hühnchen ohne Pak Choi.« Lächelnd schob ich ihm einen Fünfer über den speckigen Tresen.

  »Okay, eine Extraportion ohne Kakerlaken, kommt sofort!«

  »Warum extra?«

  »Weil du aussiehst, als hätte dir eine Katze in deinen Morgenkaffee gepisst«, erwiderte er fröhlich und warf die Zutaten in seinen Wok.

  »Hmpf.« Ich ließ mich auf den roten Barhocker fallen, während im Hintergrund eine schrille chinesische Melodie dudelte.

  Chao lachte wieder und zog sein weißes Stirnband zurecht. »Du bist zu oft hier, Silver. Geh doch mal einkaufen oder such dir einen Freund, der für dich kocht.«

  »Ich brauche keinen Typ, der mir sagt, was ich zu tun habe«, brummte ich.

  Er grinste wieder und schob mir den vollen Teller über den Tresen. »Dann such dir einen Prinzen, dem du sagst, was er zu tun hat.«

  »Klar. Weil es Prinzen ja im Dollar Tree im Angebot gibt«, witzelte ich und riss ein Paar Bambusstäbchen entzwei, ehe ich ungefähr ein Pfund Chili über mein Essen kippte. »Aber im Ernst«, wandte ich ein und hob eine Augenbraue. »Wenn jemals ein Kerl mit Krone auf mich zugeritten kommt, hau ich ihm …«

  Chao lachte, als mein Handy brummte und mich mitten im Satz unterbrach. Irritiert zog ich es aus der Hosentasche. Auf dem Display leuchtete der Name MacCain auf.

  »Was ist? Ruft dein Prinz an?«, fragte Chao amüsiert.

  »Fast. Mein Boss«, murmelte ich und spürte, wie Hoffnung in mir aufkeimte. Konnte es sein, dass Harry in so kurzer Zeit einen neuen Job für mich gefunden hatte? Vor Aufregung stach ich mir mit den Stäbchen beinahe selbst ein Auge aus, als ich die grüne Taste drückte.

  Chao zwinkerte und widmete sich dem nächsten Kunden, der gerade zur Tür hereinkam.

  »Ja, was gibt’s? Schieß los«, sagte ich, sobald ich das Handy ans Ohr presste.

  »Fuck, Silver, endlich! Ich dachte schon, du liegst tot in deiner Schrottwohnung. Hast du eine Ahnung, was ich mir für Sorgen um dich gemacht habe?«, schallte es aus dem Hörer.

  Ich erstarrte, hielt das Handy weg und stierte auf den Namen. Verdammt, ich hatte den falschen MacCain an der Strippe.

  »Silver? Silver! Wehe, du legst auf«, bellte Ryan so laut, dass ich ihn sogar hören konnte, ohne den Lautsprecher am Ohr zu haben. Seine tiefe, weiche Stimme war so erleichtert, dass ich prompt lächelte, ehe mir wieder einfiel, dass ich stinksauer auf den Kerl war.

  »Falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Ich rede nicht mehr mit dir.«

  »Ach ja? Und was tust du dann gerade?«

  »Oh, ist das Ryan?«, mischte sich Chao ein. »Sag ihm liebe Grüße von mir!«

  »Gar nichts sag ich dem Verräter«, brummte ich, dann schwieg ich weiter in den Hörer, stocherte in meinen Nudeln herum und nahm einen großen Bissen, um mich abzulenken.

  »Hey, Silly-Villy, bist du noch dran?«, fragte Ryan sanfter.

  Bei der Erwähnung des dämlichen Spitznamens, den er mir schon als Kind verpasst hatte, musste ich prompt wieder gegen den Kloß in meinem Hals anschlucken. »Nein«, sagte ich knapp.

  Ryan lachte und klang dabei … glücklich, was mich gleichzeitig faszinierte und irritierte. Wir waren uns in so vielen Dingen ähnlich, vor allem aber waren wir beide zusammen auf das Leben wütend gewesen. Jeder aus seinen eigenen Gründen, doch zusammen auf etwas wütend zu sein, war immer noch besser, als allein auf etwas wütend zu sein. Wir hatten viel geteilt, inklusive unseres sehr unbeholfenen ersten Kusses, der genauso peinlich endete, wie er begann, und ein für alle Mal klarstellte, dass unsere Gefühle füreinander rein platonisch waren. Wir waren uns immer sehr nahe gewesen. Als Menschen. Als Freunde. Wir kannten einander. Wir liebten einander auf eine sehr verkorkste, seltsame Art, die nur wir beide verstanden. Na ja, und manchmal verstanden nicht mal wir sie, aber die guten Dinge im Leben musste man schließlich nicht immer verstehen. Doch so gut ich Ryan auch kannte – dieses glückliche Lachen, das war neu.

  »Silver?«

  »Ja?«

  »Es tut mir leid«, flüsterte er.

  Ich legte die Essstäbchen zur Seite. »Ich hab dich vermisst, du Matschbirne«, sagte ich mit rauer Stimme. »Warum bist du einfach verschwunden?«

  Ryan seufzte. Schwer. Aber er klang dabei immer noch glücklich. »Die letzten Monate waren ziemlich turbulent«, gestand er ein.

  »Soll das eine Entschuldigung dafür sein, dass du plötzlich weg warst?«, fauchte ich.

  »Nein. Aber du warst wegen deines Jobs in Las Vegas. Ich wollte dich nicht stören. Außerdem hast du damals ziemlich deutlich gemacht, dass du erst mal dein eigenes Ding durchziehen und dir nicht mein Gejammer wegen Ivy Redmond anhören willst.«

  »Ja, aber das ist doch was völlig anderes!«, rief ich und funkelte die rote Papierlampe mit der goldenen Troddel über mir an. »We
nn mein bester Freund sterbend …«

  »Jetzt übertreibst du aber.«

  »… mit zehn Kugeln im Körper …«

  »Es war nur eine.«

  »… im Koma liegt …«

  »Ich war nur in Narkose.«

  »… und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion …«

  »Wir sind tagsüber geflogen.«

  »… in die Scheißwildnis flieht …«

  »Kanada ist gar nicht so wild.«

  »… dann will ich das verdammt noch mal wissen!«, brüllte ich ihn an. »Ich bin von dir ja hirnrissige Aktionen gewöhnt, aber das hier war sogar noch schlimmer als damals, als du mit fünfzehn unbedingt auf dieses Rockfestival wolltest und wir das Auto deiner Mom geklaut haben, das dann auf halber Strecke liegen geblieben ist.«

  Ryan schwieg, ehe er etwas kleinlaut murmelte: »Das war eigentlich ziemlich episch.«

  »Ja, war es«, fauchte ich. »Aber ich will und muss dir gerade nun mal den Arsch aufreißen. Übrigens hat dein Sandkuchen damals scheiße geschmeckt.«

  »Was?«

  »Du hast mich schon verstanden, Freundchen.«

  Und damit legte ich auf. Einfach so. Ich hatte mich dermaßen in Rage geredet, dass mein Herz raste, als wäre ich einen Marathon gelaufen.

  »Soll ich deine Nudeln aufwärmen?«, fragte Chao und schielte auf meinen Teller.

  »Lass nur.« Seufzend schaufelte ich mir den Rest hinein, während das Handy wieder brummte. Ich aß die Portion auf und wartete, ob Ryan aufgab. Tat er nicht. Das Handy summte ohne Unterlass.

  »Was ist?«, knurrte ich schließlich in den Lautsprecher.

  »Ich hab gesagt: nicht auflegen! Nicht!«

  »Du klingst wie ein Telefonbetrüger.«

  »Silver!«

  »Ryan!«, äffte ich ihn nach.

  »Ich mach es wieder gut«, sagte er und schaffte es, dabei gleichzeitig bockig und reumütig zu klingen.

  »Ach, und wie? Mit noch mehr Panda-Emojis?«

  »Nein.« Er holte tief Luft, und seine nächsten Worte trieben mir eine Gänsehaut über den Rücken. »Dad hat mir erzählt, dass du gerade Flaute hast. Komm zu mir nach Kanada. Erst mal auf Urlaub, und wenn’s dir hier gefällt, dann helf ich dir, einen Job zu finden.«

  Prescot

  NOVA SCOTIA

  »Prescot Leon Maximilian van Klemmt-Bloomsbury, würdest du mir bitte erklären, was das ist?«

  Ich zuckte zusammen, als die Scotian News punktgenau auf meinem Frühstücksei landete. »Mein Frühstück?«, nuschelte ich und schluckte den Bissen Speck herunter, während ich zu meinem Vater hochsah.

  Er funkelte mich durch seine randlose Brille an. In seinem schlichten grauen Anzug und mit dem grau melierten Haar sah er aus wie ein Steuerberater. Manchmal glaubte ich, mein Vater wäre auch lieber ein einfacher Steuerberater gewesen als Prinz Phillip Bloomsbury, der potenzielle neue König von Nova Scotia.

  »Prescot«, sagte mein Vater streng und schaffte es mit einem einzigen Blick, dass ich mich wieder fühlte wie vier. Also etwas dämlich und mit klebrigen Fingern. Wobei inzwischen beides nicht mehr auf mich zutraf.

  Ich wischte mir die Finger heimlich am T-Shirt ab und lugte auf den kleinen Marmeladenklecks, der dabei zurückblieb. Okay, es traf fast nicht mehr auf mich zu.

  »Prescot!«, wiederholte mein Vater noch schärfer, und mein verschlafenes Hirn lief prompt Gefahr zu implodieren.

  Seufzend sah ich auf. »Ja, Prescot ist der unsäglich peinliche Name, den ihr mir bei meiner Geburt gegeben habt. Nur Gott weiß, warum. Ach was, wahrscheinlich nicht mal der«, sinnierte ich und fischte die Zeitung aus meinem Frühstück.

  Ich musste nicht hinsehen, um zu wissen, was – oder besser gesagt wer – auf dem Titelblatt prangte. Ich hatte es heute Morgen schon online gesehen. Zum Glück dachte mein Vater immer noch, Instagram hätte etwas mit einem Fertiggericht zu tun, sodass sein Ärger immer etwas verzögert ankam. So konnte ich mich zumindest gedanklich und nervlich darauf vorbereiten.

  »Das ist eine Katastrophe«, sagte mein Vater, und seine Geheimratsecken wirkten im einfallenden Sonnenlicht des Speiseraums noch tiefer als sonst. »Warum um alles in der Welt hast du …«

  Der Knall einer dramatisch aufgerissenen Tür unterbrach ihn. Der Kronleuchter über uns klimperte, während die Kaffeetassen gegen ihre Untersetzer klirrten. Meine Schwester Penelope kam in den Raum gerauscht. Das blonde Haar floss ihr dabei wie ein goldener Wasserfall über den Rücken, während ihre Beine in dem engen Alexander-McQueen-Kostüm schier endlos wirkten.

  »Dad!«, stieß sie hervor, und alles an ihr – angefangen bei dem goldenen Funkeln der Haare bis hin zu dem leicht schockierten Zittern in ihrer Stimme – wirkte so perfekt inszeniert, als hätte sie den Auftritt den ganzen Morgen lang geübt. »Hast du gesehen, was Scotty gemacht hat?«

  »Wenn nicht: Hier sind die Bilder«, ergänzte Helena, ihre Zwillingsschwester, die direkt dahinter in den Speisesaal gestürzt kam.

  Ich verdrehte die Augen, während Helena amüsiert auf ihr Handy hinabstarrte. Ihr Zeigefinger wischte so schnell über das Display, dass er praktisch verschwamm.

  »Und …« Sie legte den Kopf schief, blinzelte und zuckte zusammen. »Iiih, Scotty!« Sie bedachte mich mit einem Naserümpfen. »So viel wollte ich niemals von meinem kleinen Bruder sehen«, neckte sie mich, während sie sich neben mich fallen ließ und die Füße in den Doc Martens ausstreckte, die sie zu Hause trug, wann immer wir unbeobachtet waren und sie nicht darauf achten musste, wenigstens ansatzweise so auszusehen wie eine Prinzessin in spe.

  Penelope setzte sich daneben und überkreuzte elegant die Füße, die in High Heels steckten.

  »Ach, hört auf! So schlimm ist es doch gar nicht«, schnaubte ich und nahm einen tiefen Schluck von meinem Kaffee. Mein Kopf dröhnte immer noch, ich hatte eindeutig zu wenig Schlaf abbekommen.

  Dad massierte sich seinerseits den Nasenrücken und ließ sich auf den gedeckten Platz mir gegenüber fallen. Der Tisch war so groß, dass wir uns, wenn wir uns auf die ganze Länge aufgeteilt hätten, SMS hätten schicken müssen, um einander zu verstehen. Zum ersten Mal seit wir in den Palast eingezogen waren, wünschte ich mir, sie hätten die Raumakustik auf der anderen Seite des Speisesaals getestet. Ich ließ den Kopf hängen und atmete tief durch. Ich hätte auf mein Bauchgefühl achten und im Bett bleiben sollen.

  »Prescot, hörst du uns zu?«, knurrte mein Vater über den Blumenstrauß zwischen uns hinweg, der trotz seiner gigantischen Ausmaße einfach nur lächerlich wirkte.

  »Leider ja.«

  »So viel gibt es da gar nicht zu sehen, wenn ihr mich fragt«, sagte Penelope, die über Helenas Schulter lugte, spitz.

  »Ja … aber am Minigolfplatz? Bei der Windmühle?«, warf Helena ein, ehe sie mich breit angrinste. »Wie hast du es denn geschafft, dich in diese kleine Öffnung reinzuquetschen? Und wo zum Teufel ist deine Hose?«, fragte sie, während sie weiterklickte.

  Ich spähte über ihre Schulter und sah mich selbst, wie ich versuchte, aus dieser verdammten Windmühle wieder herauszukommen. Im Rückwärtsgang. Mein Po in der straff gespannten Unterhose prangte klar und deutlich im Bild. Ich legte den Kopf noch schiefer. Wieso hatte ich nur die Unterhose mit der Aufschrift Best Prince Ever angezogen?

  »Keine Ahnung«, gab ich zu und runzelte die Stirn, während wir alle drei gleichzeitig den Kopf schief legten und das nächste Bild musterten. »Was da passiert ist, weiß ich auch nicht«, murmelte ich. Wo kam auf einmal der Gartenzwerg her?

  Helena kicherte, und Penelope verdrehte die Augen, während unser Vater sein Brötchen ausgesprochen brutal butterte.

  »Ich glaube, ich hab sie in der Windmühle vergessen«, murmelte ich.

  »Deine Hose?«

  »Nein, Evangeline«, brummte ich, und Penelope verschluckte sich an einem Schluck Kaffee, während mein Vater eine Streichwurst skalpierte.

  »Was? Deine Cousine war mit dir dort? Was habt ihr da gemacht?«, fragte er streng und auch ein wenig besorgt.

&nbs
p; Ich rutschte unruhig auf meinem Sitz herum und versuchte, mich zu erinnern. »Na ja, sie war nach dieser Gala ziemlich betrunken …«

  »Nicht nur sie …«, warf Penelope spitz ein.

  »Stimmt, Helena auch«, murmelte ich und erntete dafür einen Rippenstoß, den ich königlich ignorierte, während ich den gestrigen Abend Schritt für Schritt zu rekonstruieren versuchte. »Ich glaube, irgendwann kam sie dann auf die Idee, dass ich ihr beibringen soll, wie man Minigolf spielt, so wie es das gemeine Volk tut.« Ich setzte die letzten Worte in Gänsefüßchen, und alle am Tisch verdrehten die Augen. Sogar mein Vater.

  »Warum bist du ihr überhaupt gefolgt? Lass doch so was die Bodyguards machen«, warf Dad scharf ein, doch mir entging nicht, dass sich ein deutlich milderer Ausdruck in seine Augen geschlichen hatte.

  Ich fuhr mir frustriert durchs Haar. »Was hätte ich denn tun sollen? Die Bodyguards waren irgendwo, aber nicht bei uns, und sie hat sich wie eine Irre in der Windmühle versteckt. Irgendjemand musste sie da doch wieder rausholen, oder?«

  Helena zog eine Schnute. »Und wo ist deine Hose abgeblieben?«

  Ich zog eine Grimasse, während mein Hirn quälend langsam auch noch die letzten fehlenden Puzzleteile an ihren Platz zurückschob. »Die habe ich ihr angezogen. Und meinen Blazer auch, weil sie sich das Kleid vollgekotzt hat«, erinnerte ich mich erleichtert und wusste jetzt endlich auch wieder, warum mir heute beim Aufwachen dieser eklige Geruch in den Haaren gehangen hatte.

  Ich grinste erleichtert und vielleicht auch mit ein wenig Arroganz, die mir gelegentlich dabei half, besonders nervige Leute, die Welt und manchmal auch mich selbst auf Abstand zu halten. »Seht ihr? Alles, was in der Klatschpresse rüberkommt, ist schlichtweg überzogen. Ich bin gar kein …«