Kiss Me Twice Page 16
»Was muss ich tun?«, fragte Silver misstrauisch, folgte mir aber widerstandslos.
»Darf ich dich anfassen?«, fragte ich und deutete auf ihre Taille.
Sie nickte, und ich zog sie zu mir heran. Vielleicht ein wenig näher, als es die Regeln des Tanzes festlegten, aber ich genoss jeden Zentimeter von Silver, den ich an mir fühlen durfte. Sanft begann ich sie zu wiegen. Ein Schritt links, ein Schritt rechts.
»So geht der Tanz?«, fragte sie überrascht.
»Nein. Ich will nur, dass du locker bleibst.« Ich lachte leise. »Der Part der Frau ist in diesem Tanz nicht allzu groß. Er erzählt ja hauptsächlich die Geschichte von Sir William, der von uns Männern gespielt wird. Die Frau hingegen symbolisiert die Freiheit eines noch unbefleckten Landstrichs. Es hat etwas Unschuldiges und gleichzeitig Wunderschönes, Einzigartiges an sich«, flüsterte ich in ihren Nacken hinein und sah, wie sich ihre Härchen dort aufstellten, obwohl ihr Gesichtsausdruck völlig unbewegt blieb. Mein Herz pochte stark und wild in meiner Brust, während ich mich von ihr löste. Langsam. »Kannst du knicksen?«
»Nein.«
»Dann zeige ich es dir. Ich kann fantastisch knicksen«, zog ich sie auf und deutete die korrekte Stellung an. »Ein Bein nach hinten, den anderen Fuß parallel davor nach außen drehen und nach unten sinken. In diesem Fall langsam und sinnlich. Du musst deinen Partner verführen, ihn einladen, zu dir zu kommen.«
Ich stellte mich hinter sie und berührte ihren Rücken, um ihr zu bedeuten, sich aufzurichten. »Kopf hoch, und dann den Rock raffen«, raunte ich, fuhr mit meinen Händen ihre Arme entlang, nahm ihre Hände, und zusammen hoben wir den Stoff. »Nur anheben, nicht packen. Genau so. Und jetzt langsam nach unten gehen.«
»So?«
»Nicht so steif. Sei fließend wie Wasser und trotzdem ruhig wie ein Felsen, der sich dagegenstemmt.«
»Das ist lächerlich, Prescot.«
»Ist es nicht. Alles, was damals bei Hof geschah, hatte eine Bedeutung. Ein Augenaufschlag konnte einen Krieg auslösen und ein Lächeln diesen wiederum beenden.«
Silver atmete tief durch, und unter meiner Führung wurde sie gleichzeitig fließend wie Wasser und ruhig wie ein Felsen, als sie in die Verbeugung fiel.
»Perfekt«, raunte ich ihr ins Ohr, ehe ich sie wieder umrundete und mich vor ihr verneigte. »Ich werde dir meine Hand reichen, und du nimmst sie entgegen.« Ich demonstrierte, was ich meinte, und sie packte zu wie ein Bär. »Sanfter, du willst sie ja annehmen und nicht brechen.« Ich grinste.
Anstatt die Augen zu verdrehen oder mit einem bissigen Kommentar zu antworten, nickte sie nur konzentriert und führte die Bewegung langsamer aus.
»Ellenbogen hoch. Kinn hoch. Bleib im Knicks, bis du meine Hand genommen hast, erst dann gehst du wieder hoch.« Fasziniert verfolgte ich jeden ihre Schritte. Und erneut lernte ich etwas über Silver. Sie mochte all das hier albern finden und nicht ernst nehmen, doch sie war trotz allem bereit, es zu erlernen. Und das mit einer Verbissenheit und Intelligenz, die mich nicht nur faszinierten, sondern mir auch einen ganz neuen Respekt vor Silver abverlangten.
Ihre Augen fixierten jede meiner Bewegungen. Ebenso meine die ihren. Sie analysierte und kopierte perfekt, was ich ihr vorführte. Jede Bewegung wurde weicher als die vorherige, während ich ihr die wenigen Schritte beibrachte und sie um mich herumwirbeln ließ wie wilde Gischt, die gegen mich brach, sobald ich sie wieder auffing. Und mit jeder Berührung spürte ich meinen Atem tiefer in meinem Brustkorb rasseln und meinen Herzschlag schneller pochen. Sie war zauberhaft. Sie war … sie war …
»Prescot?«
»Was?« Ich blinzelte und bemerkte erschrocken, dass ich ihre Hand hielt und sie bewegungslos anstarrte.
»Was kommt als Nächstes?« Sie zog eine Augenbraue hoch.
»Das war’s schon. Danach kommt mein Part.« Ich räusperte mich und ließ hastig ihre Hand los.
»Okay …«, setzte sie an, als ein Schatten über uns beide fiel.
»Mr Prescot?« Carla lächelte verlegen und knickste. Ihr Blick wanderte erst zu mir, danach zu Silver.
»Ja, Carla, was gibt’s?« Ich klang so außer Atem, wie ich mich fühlte.
»Ich wollte Ihnen nur Bescheid geben, dass die ersten Gäste in eineinhalb Stunden eintreffen. Ich habe Ihnen bereits die Uniform in den Schrank gehängt, vielleicht sollten Sie …«
»In eineinhalb Stunden?«, unterbrach ich sie entsetzt.
Tatsächlich! Draußen dämmerte es bereits, und hier im Saal waren die Lüster über uns angegangen. Wir hatten eine halbe Ewigkeit lang miteinander getanzt, ohne dass ich gemerkt hatte, wie die Zeit verstrich.
»Mist! Ich …«
»Geh«, wies mich Silver an.
»Aber …«
»Geh. Ich komme nach.«
»Ich … okay. Dann bis gleich, meine holde Maid.«
Ich grinste sie an. Mein Grinsen wurde noch breiter, als ich die zarte Röte bemerkte, die sich auf ihren Wangen ausbreitete.
»Wie auch immer. Verschwinde und zieh deinen Schnöselanzug an«, sagte sie bissig.
Ich lachte, zwinkerte Carla zu und rannte mit dem Gefühl aus dem Raum, ein wenig zu schweben.
Silver
Ich sah Prescot nach, wie er den Saal verließ. Erst dann erlaubte ihr mir, die Hand auf meinen Brustkorb zu drücken, unter dem mein Herz davongaloppierte. Ich rang nach Luft. Was war hier nur los? Was war nur mit mir los?
»Miss Silver, ist alles in Ordnung?«
Ich zuckte zusammen und sah zu dem Zimmermädchen auf, dem ich vorhin schon in Prinz Oscars Büro über den Weg gelaufen war. »Danke, alles okay. Kann ich was für Sie tun?«
Sie lächelte mich an und knickste elegant. »Nein, ich … ich wollte mich nur gern noch einmal richtig vorstellen. Ich bin Carla. Ich bin für die Familie Bloomsbury zuständig. Falls Sie etwas brauchen, müssen Sie mich nur fragen.«
»Oh, danke, Carla«, sagte ich und atmete noch einmal tief durch.
Ich musste mich hier wieder einkriegen, bevor … bevor … bevor ich begann, die Situation aus dem Griff zu verlieren. Falls ich sie überhaupt je im Griff gehabt hatte. Es kam mir so vor, als ob Prescot in diesem Spiel vollkommen versiert war, während ich noch nicht einmal sicher war, was wir genau spielten. Ich straffte die Schultern und musterte das Dienstmädchen neugierig.
»Arbeiten Sie schon lang für Prescots Familie?«
»Ja. Meine Mutter hat damals schon für Ms van Klemmt gearbeitet, Mr Prescots Mutter. Als sie die Familie verließ, sind wir geblieben«, sagte sie.
»Prescots Mutter? Wohnt sie auch hier?« Wenn dem so war, hatte ich sie bisher nicht gesehen, doch ich bezweifelte irgendwie, dass es sich bei Prescots Mutter um eine Persönlichkeit handelte, die man einfach so übersah.
»Oh, nein.« Carla schüttelte den Kopf. »Mr Prescots Eltern sind schon seit vielen Jahren geschieden. Ms van Klemmt wohnt derzeit in den Staaten.«
Eine Kerbe zeichnete sich zwischen meinen Augenbrauen ab. »Wenn sie in den Staaten wohnt, warum sind dann all ihre Kinder hier? Hat Phillip das Sorgerecht?«
»Oh, das ist Tradition in allen Königshäusern und wird auch bei der Geburt vertraglich abgesichert. Falls sich ein royales Ehepaar scheiden lässt, bleiben die Kinder im Palast. Sie … nun, man kann sagen, sie sind so etwas wie royaler Besitz.«
»Ach, du meine Güte«, murmelte ich und spürte, wie sich mein Herz kurz, aber heftig vor Mitgefühl zusammenzog. Die Scheidung war mit Sicherheit nicht ohne großes Drama vonstattengegangen. Und royaler Besitz? Was für eine verquirlte Scheiße! Wie alt mochte Prescot zu diesem Zeitpunkt gewesen sein? Ein Kind? Ein junger Erwachsener? Die Fragen brannten mir auf der Zunge, doch sie hatten im Augenblick keine Priorität, also schluckte ich sie herunter.
»Darf ich Sie etwas fragen, Silver?«
»Fragen dürfen Sie, ich kann nur nicht versprechen zu antworten«, sagte ich lachend, was mir ein verschmitztes Grinsen einbrachte.
»Stimmt es wirklich, dass Sie mit Mr Prescot zusammen sind?
Im gesamten Anwesen spekuliert man darüber, doch niemand ist sich sicher.«
»Oh … das …«, stotterte ich und unterdrückte den nervösen Impuls, nach hinten auszuweichen. »Ja, das sind wir«, sagte ich langsam, und Carlas Lächeln wurde noch breiter.
»Wie wundervoll. Dann werden wir uns in Zukunft noch öfter sehen. Wie gesagt, falls Sie etwas brauchen, müssen Sie mich nur fragen. Prescots Freunde sind auch meine Freunde«, versicherte sie mir liebenswürdig, ehe sie sich umdrehte und aus dem Saal verschwand.
Ich starrte ihr nach, ehe ich den Ballsaal ebenfalls verließ, um mich auf den Abend vorzubereiten.
Ich war gerade dabei, die Treppe wieder nach oben zu gehen, als ich leises Gemurmel hörte.
»Ich will sie ebenso wenig hier haben wie du, Penelope. Aber findest du diese Maßnahmen nicht ein wenig drastisch? Ich glaube, sie wird ohnehin nicht lang durchhalten.«
Im ersten Moment blieb ich stocksteif stehen, dann zog ich mich unauffällig hinter ein aufwendig gestecktes Blumenbouquet zurück. Ich linste hindurch und sah am Ende der Treppe zwei blonde Haarschöpfe. Helena erkannte ich sofort wieder, obwohl sie inzwischen ein Ballkleid aus fließender blauer Seide trug. Die Zweite musste Penelope sein, die wie eine etwas dünnere, elegantere und unterkühlte Version ihrer Zwillingsschwester wirkte.
»Ich will sie nicht hier haben. Schon gar nicht in Prescots Nähe. Ich mache mir Sorgen um ihn. Er ist viel zu emotional und vertrauensselig. Er stürzt sich ohne Nachdenken in jede neue Katastrophe rein, die sich vor ihm auftut. Wir müssen ihn beschützen, Helena. Und mit dem, was ich über sie herausgefunden habe, vor allem die Schulden, können wir sie aus seinem Leben wischen, bevor sie wirklich aufgetaucht ist. Wie ein lästiges Herpesbläschen«, wandte Penelope ein. Ihre Stimme klang vollkommen emotionslos, während ich alarmiert lauschte.
Ich war erst wenige Stunden hier und kannte keine von beiden wirklich gut, dennoch hatte ich nicht das Gefühl gehabt, dass Helena mir gegenüber feindselig gewesen wäre. Anderseits … spielten hier alle ein Spiel, von dem ich nichts verstand.
»Sollten wir nicht erst mal mit Dad darüber reden?«, warf Helena zögernd ein.
Penelope schnaubte. »Du kennst ihn doch. Er ist viel zu weich und freundlich. Er wäre sicher gegen den Plan.«
»Ich finde diese Maßnahme ja auch krass. Vielleicht sollten wir doch mit Prescot reden und herausfinden, ob …«
»Es geht ja nicht nur um ihn, Helena. Ich kann und werde nicht zulassen, dass sich diese miese Hexe einfach so in unser Leben einmischt«, zischte Penelope.
»Hey, hey, hey, jetzt gehst du aber zu weit«, unterbrach ihre Schwester sie scharf.
»Ich mache mir doch nur Sorgen.«
»Ich weiß ja, Pen. Ich mir doch auch«, antwortete Helena sanfter.
Ich konnte nicht genau sehen, was die beiden taten, doch Penelope atmete plötzlich tief durch. »Wir schaffen das. Wie immer. Was soll eigentlich der Schuhkarton da?«
»Das sind Ballschuhe für … Silver«, druckste Helena herum.
»Helenaaa!«, stöhnte ihre Schwester.
»Ach komm, Pen. Sei zumindest heute nett zu ihr, ja?«, fiel die ihr ins Wort.
»Ich verspreche gar nichts. Unser Bruder stürzt sich wieder mal in den nächsten Misthaufen, und wir dürfen die ganze Scheiße danach wie so oft heimlich beseitigen.«
»Ach, Pen«, seufzte Helena, ehe die beiden verschwanden.
Endlich trat ich einen Schritt zurück und bemerkte erst, wie stark ich meine Fäuste geballt hatte, als ich sie locker ließ und die Halbmonde sah, die meine Nägel in der Haut zurückgelassen hatten. Ich war mir nicht hundertprozentig sicher, worüber die beiden gesprochen hatten, trotzdem, es beunruhigte mich zutiefst. Konnte es sein, dass Prescots Onkel nicht der Einzige war, um den ich mir Sorgen machen musste? Die beiden konnten alles Mögliche über mich und meine Vergangenheit herausgefunden haben, allem voran über meine Schulden und die meiner Tante. Wenn sie mir drohten, Details aus meinem Leben zu veröffentlichen, wenn ich nicht aus Prescots Leben verschwand, wie sollte ich dann reagieren? Wie konnte ich reagieren? Letzten Endes fiel alles, was ich jetzt tat, auch auf Prescot zurück, und das konnten die beiden ja unmöglich wollen … außer sie arbeiteten mit seinem Onkel zusammen. Waren es am Ende gar nicht die Angestellten, die Prescot bespitzelten, sondern seine eigene Familie? Wieder ballte ich die Fäuste zusammen. Atmen! Ich musste atmen und einen kühlen Kopf bewahren. Ich musste …
»Silver?«
Ich zuckte zusammen und biss mir auf die Zunge. »Helena.« Ich zwang mich zu einem Pokerface.
»Was … ähm … machst du hier?«, fragte sie mich und biss sich auf die volle Unterlippe, während ihr Blick zu meinem mehr oder weniger guten Versteck huschte.
»Ich war mir nur den Ballsaal ansehen«, erwiderte ich knapp lächelnd und kam die Stufen langsam hoch. »Ich wollte gerade zu Prescot und nachsehen, ob er schon fertig ist.«
Helena grinste. »Oh ja, der ist fertig. Vor allem mit den Nerven«, witzelte sie, und wieder hatte ich das Gefühl, als würde ich sie nicht ganz verstehen.
Es setzte eine angespannte Stille zwischen uns ein, bis mir Helena plötzlich einen Schuhkarton unter die Nase hielt. »Ach ja, übrigens hier. Mein Willkommensgeschenk an dich. Ich hoffe, sie passen.« Helena hob den Deckel, unter dem auf raschelndem Seidenpapier ein Paar Converse lag.
»Helena, du musst mir doch ni…«, setzte ich an und erstarrte. »Oh, wow!«, stieß ich hervor und spürte, wie meine Augen groß wurden.
Das waren nicht irgendwelche Chucks. Sie waren hoch und würden mir am Ende wahrscheinlich sogar bis über die Knie reichen. Und sie funkelten wie flüssiges Silber, das in Diamanten getaucht worden war.
»Ich hoffe, sie gefallen dir«, murmelte Helena und lächelte verschämt.
»Und wie. Aber ich kann sie nicht annehmen.«
»Was? Gefallen sie dir doch nicht?« Sie klang ehrlich gekränkt.
»Doch, es ist nur, weil …«, setzte ich an, doch die Worte blieben mir im Hals stecken.
Ich war kein Mensch, der Geschenke prinzipiell ablehnte. Ich konnte ein Geschenk durchaus von Almosen oder Bestechung unterscheiden, ich hatte aber ein dezent mieses Gefühl wegen des Gesprächs, das ich eben belauscht hatte. Allerdings wusste Helena nichts davon, und wenn sie auch weiterhin ahnungslos bleiben sollte, musste ich mich unauffällig verhalten.
»Doch, sie sind … perfekt. Danke«, sagte ich daher nur leise.
Sie grinste und sah ihrem Bruder dabei so ähnlich, dass es meinem unruhigen Herzen einen Stich verpasste.
»Los, probier sie an«, drängelte sie mich.
Ich war selbst viel zu neugierig, um es nicht zu tun. Meine alten schwarzen Converse landeten also in der Schachtel, und stattdessen glitten die neuen Stiefel über meine Waden. Sie reichten tatsächlich bis über meine Knie und fühlten sich fast sexy an. Viel sexyer, als ich mich jemals mit High Heels gefühlt hätte.
»Sieht heiß aus«, sagte auch Helena zufrieden und hakte sich ohne jede Vorwarnung bei mir unter. »Komm, zeigen wir dich meinem Bruder. Der Anblick holt ihn hoffentlich aus seinen Selbstmordgedanken, nicht dass er sich noch aus Scham in der Toilette ertränkt.«
»Hä?«, machte ich wenig wortgewandt und ließ mich widerwillig mitziehen, während Helena fröhlich an Prescots Zimmertür klopfte.
»Scotty! Bist du fertig? Wir schon«, flötete sie.
»Nein«, kam es dumpf dahinter hervor. »Ich hasse unser Land. Ich hasse Sir William und dieses Verbrechen um diese bescheuerten Kronjuwelen.«
Kron… was? Ich starrte die Tür an, Helena prustete los und öffnete sie. Einfach so. Als Einzelkind war mir ein solches Verhalten ausgesprochen suspekt. Ich hätte wahrscheinlich jedem den Hals umgedreht, der einfach so in mein Zimmer hereinspaziert wäre, doch im Hause Bloomsbury schien Privatsphäre etwas zu sein, was man auf jeden Fall verletzen sollte.
Helena drückte die Tür auf, sodass ich Prescot sah, der ziemlich unglücklich vor einem Spiegel stand und sich ein felliges Unget
üm auf den Kopf setzte. Als er uns bemerkte, fuhr er herum und versuchte gleichzeitig tapfer, arrogant und cool zu wirken.
Mir klappte der Mund auf. Helena begann, sich vor Lachen zu kringeln, während Prescot unter Räuspern an seinem Rock herumzupfte.
»Was zum …«, war alles, was ich herausbrachte.
Prescot trug einen verfickten Rock! Der war grün-lila kariert und fiel ihm in schweren Stoffbahnen bis knapp über die Knie. Obenrum hatte er einen dunklen Blazer mit Krawatte an, und der Kontrast zu seinem restlichen Outfit war beinahe schon … verstörend.
Helena rang nach Luft. Prescot warf ihr einen giftigen Blick zu, ehe er mich verschämt angrinste. »Habe ich doch gesagt: Für mich wird’s peinlicher als für dich.«
»Aber … aber warum?«, konnte ich nur stammeln.
Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Ich habe dir doch von Sir William erzählt. Er und seine Vorfahren waren ja Schotten, darum dieses …«
Er fuchtelte unter sich herum, und Helena lehnte sich bei mir an, um vor Lachen nicht umzukippen.
»Und dieser Hut?«, fragte ich, darum bemüht, wieder mein Pokerface aufzusetzen, ohne wie Helena laut loszugrölen.
»Das ist ein traditioneller kanadischer Jagdhut aus Elchfell, und ich finde, er steht mir ausgesprochen gut«, erwiderte Prescot würdevoll und schnappte sich etwas Langes aus dem Schrank.
»Ist das ein Schwert?«
»Sogar zwei.« Er zwinkerte und band sich die langen Teile mit einem Ledergürtel um die Hüften, sodass sie nach hinten ragten.
»Muss der kanadische Adel damit … etwas kompensieren?«, konnte ich mir das Sticheln nicht verkneifen.
Prescot grinste. »Nein. Wir brauchen hinter uns ein Gegengewicht, sonst würden wir umkippen.«