- Home
- Stella Tack
Kiss Me Twice Page 10
Kiss Me Twice Read online
Page 10
Ich schob mich durch die Schlange und wurde sofort von einem muskulösen, tätowierten Arm zurückgehalten.
»Holla, Kollege, du darfst schön die Arschlochkarte ziehen und dich hinten anstellen«, sagte der Kerl mit breitem Südstaatenakzent.
Ich seufzte. »Lass mich durch. Ich hab’s eilig.«
»Tja, und weißt du, was ich hab? Hunger. Ich bekomme aber erst wieder was zwischen die Kiemen, wenn ich meine Schicht abgesessen habe. Und in etwa so lang wirst du warten müssen, um noch hier reinzukommen.«
Genervt sah ich auf und begegnete einem Paar funkelnd grüner Augen, die mich angepisst anstarrten. Irgendwie kam mir der Typ bekannt vor.
Ich starrte angepisst zurück. »Ich bin ein Freund von Georgette«, sagte ich betont.
Er grinste. »Georgette hat viele Freunde.«
»Ich bin ein spezieller«, presste ich hervor.
»Ach … ist das so?« Die Mundwinkel des Mistkerls zuckten amüsiert.
»Ich stehe auf der Gästeliste«, presste ich hervor.
Jetzt gesellte sich zu dem zuckenden Mundwinkel auch eine erhobene Augenbraue dazu. »Na, wenn das so ist. Unter welchem Namen finde ich dich?«, fragte er und zückte ein Klemmbrett von einer Halterung neben der Tür.
Seufzend ließ ich den Kopf hängen. »Kronjuwelen«, murmelte ich.
»Was?« Der Kerl starrte mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle.
»Kronjuwelen«, sagte ich lauter und starb innerlich tausend Tode, als die Leute hinter uns kicherten. Gott sei Dank schien mich wohl noch nicht jeder sofort erkannt zu haben. Oder der Türsteher hatte einfach nur eine besonders lange Leitung.
Der Kerl schüttelte den Kopf. »Willst du mich verarschen? Ach, du Scheiße … Da steht es wirklich. Kronjuwelen.« Der Blick des Security blieb ganz unten hängen, und ich hörte, wie er losprustete.
Es war offiziell. Ich musste Georgette umbringen. Am besten mit einem ihrer geliebten Cocktailschirmchen.
»Alles klar.« Der bescheuerte Sicherheitstyp öffnete mit einer übertriebenen Verbeugung die Tür hinter sich. »Hereinspaziert, Mr Kronjuwelen, und viel Spaß.«
Ich knurrte nur und marschierte in den völlig überfüllten Club. Das Gebäude wirkte von außen kleiner, als es im Inneren war. Tatsächlich besaß der Club drei Stockwerke mit jeweils verschiedenen Floors. Unten im Erdgeschoss war der Purple-Rain-Saal, in dem alles in dunkles Lila getaucht war. Der Boden war transparent, darunter schlängelten sich zuckende LED-Lichter. Ein protziger lilafarbener Kronleuchter hing von der Decke. Im ersten Stock befand sich der Samtraum, in dem alles flauschig war: die Wände, die Barhocker, selbst das DJ-Pult. Ganz oben gab es das Rooftop, dessen Decke verglast war, sodass man betrunken tanzend in den Himmel hinaufblicken konnte. Daran angeschlossen war der Darkroom, der jedoch … nun … nicht wirklich zum Tanzen und Partymachen gedacht war. Dort ging man nur hinein, wenn man eine schnelle Nummer schieben wollte, und unter einundzwanzig Jahren war der Zutritt eigentlich verboten. Ich hoffte wirklich, dass ich Evangeline nicht dort drinnen suchen musste.
Suchend ließ ich den Blick schweifen. Am Ende des Purple Rooms legte ein blonder DJ auf. Das aktuelle Lied dröhnte durch den Raum und ließ die Leute zusammen mit lilafarbenem Rauch zu einer zuckenden Masse verschwimmen.
»Und alle zusammen«, rief der DJ in sein Mikro. »2g4u ist scheiße! Lassen wir es sie bis oben hören!« Die Mädchen kreischten.
Ein wenig hilflos ließ ich den Blick weiterwandern und versuchte, Evangeline in der Masse auszumachen, was in etwa so leicht war, wie die berühmte Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Frustriert ging ich die geschwungene Treppe ein Stockwerk höher, wo mich der nächste Beat zu erschlagen versuchte. Ein dunkelhaariger DJ war gerade dabei, sich das T-Shirt vom Leib zu reißen, was die Mädchenmassen aufgeregt kreischen ließ. Leider war keines davon Eve. Blieben mir noch das oberste Stockwerk und die Toiletten. Den Darkroom schob ich in meiner Spekulation ganz nach hinten.
Ganz oben kam ich mir vor wie in Versailles. Alles protzig und aus Gold. Jedoch nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten war alles ein wenig abgefuckt, als wären die Möbel vom Sperrmüll und einfach nur mit Goldfarbe notdürftig angesprüht worden. Lichter zuckten durch das verglaste Dach. Hier war es etwas ruhiger. Die meisten Leute saßen auf goldenen Sofas, tranken Alkohol und redeten wirr durcheinander.
Ich ließ den Blick auch hier schweifen und … rannte mit voller Wucht in eine Person hinein. Reflexartig wollte ich die Arme um die Person schlingen, um den Sturz abzufedern, doch stattdessen klammerte sich ein Paar Arme um meine Hüfte und bremste mich so, dass ich geradezu sanft am Boden aufkam. Die Kappe flog mir dabei vom Kopf.
Zwei starke Beine schlangen sich um meine Hüften und pinnten mich fest, während mich helles, beinahe weißes Haar umhüllte. Es kam mir fast so vor, als würde für einen kurzen Moment die Welt innehalten. Ich hob den Blick und starrte in ein Paar wunderschöne Huskyaugen.
»Du?« – »Du?«, platzten Silver und ich simultan hervor.
»Was machst denn du hier?« – »Was hast denn du hier verloren?«, fragten wir wieder gleichzeitig. Unser Atem traf aufeinander.
»Ich suche jemanden.« – »Ich suche wen.«
Ich blinzelte. Sie blinzelte.
»Sag mal, verarschst du mich?«, fragte sie.
»Was?«, gab ich verblüfft zurück, während es in meinen Fingern an genau der Stelle zu prickeln begann, wo wir uns berührten.
Ich spürte, wie sich etwas in meiner Brust ruckartig zusammenzog, während der erste Schock einem breiten Grinsen wich, das sich auf mein Gesicht stahl. Das Gefühl breitete sich zu einem warmen Brennen aus, das meinen Herzschlag in die Höhe schießen ließ, während mein Grinsen immer breiter wurde. Ich hatte sie gefunden! Keine Ahnung, wie oder durch welche Schicksalsfügung, aber ich hatte das Flughafenmädchen gefunden.
»Kann es sein, dass du mich gesucht hast?«, fragte ich lachend, um zu vertuschen, wie sehr ich sie gesucht hatte.
»Ich … Sag mal, verfolgst du mich etwa, Prinzlein?«, fragte Silver, ohne auf meine Frage einzugehen, und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, wodurch sich der Vorhang zwischen uns hob.
»Das Gleiche könnte ich dich fragen«, murrte ich.
Wieder starrten wir uns an, und ich spürte, wie ich am ganzen Körper Gänsehaut bekam. Der Duft nach Kokosshampoo stieg mir in die Nase. Meine Hand krampfte sich um ihre schmale Taille, aber ich ließ sofort wieder los, als Silver mir einen strengen Blick zuwarf.
»Griffel weg, Romeo!«
»Friede, Xenia!«, sagte ich und hob unschuldig die Hände.
Sie schnaubte. »Wer’s glaubt, Prinzlein.«
Geschmeidig schwang sie sich von mir herunter. Als sie stand, hielt sie mir eine Hand hin, um … mir aufzuhelfen? Verblüfft nahm ich das Angebot an und spürte die Kraft in ihrem Griff. Leichtfüßig kam ich hoch, und wieder waren wir uns so nah, dass ich die blauen Sprenkel in ihren hellen Schneeaugen sehen konnte.
»Das ist mein Hoodie«, bemerkte sie und sah an mir herab.
Ich lächelte, griff nach oben und begann, den Zipper langsam nach unten zu ziehen. Stück für Stück.
»Willst du ihn zurückhaben?«, fragte ich und sah, wie sie fasziniert meine Brustmuskeln anstarrte, die sich unter dem T-Shirt abzeichneten. Ich war zwar nicht mehr im Training, aber die letzten Jahre im Schwimmteam hatten doch ihre Spuren hinterlassen.
»Lass mal! Er steht dir besser als mir«, sagte sie und hielt blitzschnell meine Hand fest, um mich davon abzuhalten, den Zipper noch weiter nach unten zu ziehen. Ich grinste breiter, was mir wieder einen warnenden Blick einbrachte.
»Also, wen suchst du?«, bohrte sie nach.
Die Frage brachte mich so weit zu Besinnung, dass mir wieder einfiel, wo wir waren: mitten in einem überfüllten Raum, in dem uns die Leute bereits neugierige Blicke zuwarfen. Schnell zog ich Silver in eine Ecke und schirmte sie mit meinen Schultern ab.
»Meine Cousine. Sie ist minderjährig, und wenn sie nicht bereits eine
n saftigen Skandal provoziert hat, dann steht sie kurz davor. Ich muss sie unbedingt finden und so unauffällig wie möglich hier rausschaffen«, flüsterte ich. »Du hast nicht zufällig ein Mädchen gesehen, das wie Schneewittchen aussieht? Eventuell mit einem hässlichen Hund unterwegs? So groß und … etwas knapp anzogen?« Ich hielt die Hand an meine Brust.
Silver zog belustigt eine Augenbraue hoch. »Nein, leider nicht. Aber hast du zufällig ein Mädchen mit pinken Haarspitzen gesehen? So groß und eventuell mit einem Burger unterwegs?« Sie hielt ihre Hand ebenfalls gegen meine Brust.
Unsere Zielpersonen waren gleich groß. Ich lachte, und auch Silvers Mundwinkel zuckten.
»Auch deine schlimme Cousine?«, wollte ich wissen.
Sie rollte mit den Augen. »Eine Freundin. Obwohl, eher die Freundin eines Freunds. Ich habe sie aus dem Blick verloren.«
»Okay. Was hältst du davon, wenn wir sie zusammen suchen?«, schlug ich vor. »Vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei.«
Sie guckte mich streng an. »Deine zwei Augen sehen gerade nur meinen Ausschnitt. Wenn du sie behalten willst, solltest du also ganz schnell was anderes angucken.«
»Sorry, Reflex.« Ich riss mich zusammen und kassierte dafür einen harten Schlag gegen den Oberarm. »Au! Was glaubst du, wen du da gerade schlägst? Dafür kannst du im Kerker landen, Frau«, murrte ich gespielt dramatisch und schüttelte weniger gespielt den Arm aus.
Sie schnaubte nur. »Komm schon, Prinzlein, suchen wir deine Cousine. Wenn sie wirklich minderjährig ist, hat sie hier nichts zu suchen. Ich selbst habe hier in einer Stunde mehr nackte Haut gesehen als in meinem ganzen bisherigen Leben.«
»Ihr Amerikaner seid aber auch prüde«, murmelte ich amüsiert.
»Was?«
»Nichts. Geh voran«, erwiderte ich huldvoll.
Silver legte den Kopf schief, wartete jedoch, bis ich an ihrer Seite stand. Erst dann setzte sie sich in Bewegung, und ich wusste plötzlich nicht mehr, was ich tun sollte, wenn sie meine Seite wieder verließ.
Silver
In Prescots Gegenwart stellten sich all die kleinen Härchen auf meiner Haut auf. Seine überwältigende Ausstrahlung hatte eine stärkere Wirkung auf meinen Herzschlag als die wummernde Musik, die die Wände zum Beben brachte. Mehr als eine Frau drehte sich nach ihm um und stieß tuschelnd ihre Freundin an, ehe sie ihn mehr oder wenig auffällig anschmachteten. Prescot schien es nicht zu bemerken. Oder es kümmerte ihn schlichtweg nicht. Sein Blick ruhte allein auf mir, obwohl wir eigentlich auf der Suche nach seiner Cousine waren.
Wir berührten uns nicht. Dennoch spürte ich seine Körperwärme an meinem Oberarm. Aufmerksam ließ ich den Blick durch den flauschigen Raum schweifen, der aussah, als hätte sich Elmo aus der Sesamstraße auf die gesamte Inneneinrichtung übergeben. Oder als hätte jemand Elmo das Fell abgezogen und damit die Wände tapeziert. Georgette hätte ich es zugetraut.
Nach wenigen Schritten durch das Gewühl sah ich die Chefin des Kiss Me Twice an der Bar lehnen und mit dem Barkeeper reden, der angeblich wie Prescot aussah. Tatsächlich war eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden, doch wenn er lächelte, wirkte er bestenfalls wie ein schlechter Abklatsch. Prescot besaß eine Ausstrahlung, die man wohl nur als Mitglied der royalen Oberschicht erhielt. Es war die Art, wie er sich bewegte, geschmeidig und doch zielstrebig, der selbstbewusste Ausdruck in seinen scharf geschnittenen Gesichtszügen. Als wüsste er mehr als wir anderen. Um seinen Daumen lag ein breiter, silberner Ring, der aufblitzte, als er sich die Kappe wieder auf den Kopf setzte, um sein Haar zu verbergen. Die Leute wichen vor ihm zurück, und ich merkte, wie das Flüstern immer lauter wurde, bis es trotz der lauten Musik zu hören war.
»Ich glaube, wir haben ein Problem«, murmelte Prescot angespannt, und erst jetzt fiel mir auf, dass ich stehen geblieben war.
Ich bemühte mich, meine Muskeln zu lockern, und neigte den Kopf. »Dürfen die Leute wissen, dass du hier bist?«
»Wenn möglich, würde ich den Abend gern ohne einen Eintrag in der Klatschpresse überstehen«, sagte Prescot ernst.
»Dann müssen wir uns beeilen. Die Leute erkennen dich«, ließ ich ihn wissen, ehe ich mich wieder in Bewegung setzte.
Erst drei Schritte später bemerkte ich, dass Prescot mir nicht folgte. »Was ist?« Besorgt drehte ich mich um und sah, wie er entsetzt auf das andere Ende des Raums starrte.
»Fuck!«, stieß er hervor.
Ich wandte den Blick und sah, wie sich ein junges Mädchen mit langen schwarzen Haaren an einer Stripteasestange genau neben dem DJ-Pult schwang. Sie torkelte sichtlich betrunken. Männer und Frauen standen jubelnd davor. Das Mädchen warf lachend den Kopf in den Nacken und rutschte mehr schlecht als recht auf der Stange herum. Der DJ drehte die Musik lauter, sodass Strip That Down durch die Massen dröhnte.
»Ausziehen!«, schrie ein Kerl.
»Vollkornweizen!«, rief ein anderer.
Die Kanadier waren wirklich seltsame Menschen.
»Was …«, setzte ich an, während Prescot bereits vorrannte. Ich folgte ihm und bahnte uns einen Weg bis ganz nach vorn zur Bühne.
»Evangeline! Verdammt noch mal, was machst du da? Komm sofort runter«, brüllte Prescot. Seinem entsetzten Blick nach zu urteilen nahm ich an, dass wir seine Cousine gefunden hatten.
Das Mädchen zuckte zusammen. »Prescot? Was machst du denn hier?«, lallte sie, knickte im selben Augenblick in ihren unmöglich hohen Schuhen um und kippte quietschend von der Bühne.
Automatisch stellte ich mich davor, um sie aufzufangen, doch im selben Moment rempelte mich ein Partygast an, und ich stolperte gegen die Bühne, während Evangeline auf Prescot krachte. Er versuchte zwar, sie zu erwischen, doch der Schwung sorgte dafür, dass die beiden mit einem dumpfen Knall in einem wilden Knäuel aus Armen und Beinen am Boden landeten.
»Prescot!« Erschrocken beugte ich mich über die zwei und hörte ihn stöhnen.
Das Mädchen lag halb auf ihm, den Kopf an seine Brust gedrückt, sodass ihr Make-up auf seinem Shirt zurückblieb.
»Scheiße, Eve, was hast du dir dabei gedacht?«, setzte er an.
Sie wimmerte und hob den Kopf. Doch anstatt zu antworten, stammelte sie: »Mir ist schlecht«, und erbrach sich.
Die Menschen wichen zurück und zückten ihre Handys, während der DJ besorgt die Musik leiser stellte. Verfluchte Scheiße! Ich riss mir die Lederjacke von den Schultern und warf sie über das jammernde Mädchen.
»Schnell, hoch mit euch. Wir schaffen euch hier raus«, sagte ich, ehe ich den Leuten um uns herum scharfe Blicke zuwarf. »Steckt die Handys weg. Wer das hier postet, kriegt eine Klage an den Hals«, bellte ich eine leere Drohung.
Sie wirkte aber. Die Menschen hielten verunsichert inne, während sich Prescot aufrappelte und Evangeline hochhob.
»Was zum Teufel ist denn hier los?«, unterbrach eine tiefe, rauchige Stimme den Lärm. Georgette schob sich durch die Leute. Als sie uns sah, blieb sie ruckartig stehen. Nur die Feder an ihren Kopf wippte. »Was zum …«, setzte sie an, während sie abwechselnd Prescot und dessen nach wie vor winselnde Cousine musterte. »Kann mir mal bitte einer erklären, was hier vor sich geht?«, fragte Georgette streng und stemmte die Arme in die Hüften.
»Hey, Georgette! Schön, dich wiederzusehen«, sagte Prescot so galant, als befänden wir uns in einem Ballsaal.
Ich riss die Augen auf. Die beiden kannten sich?
»Bringst du uns zum Hinterausgang? Wir brauchen ein Taxi«, ergänzte er freundlich.
Georgette schürzte die Lippen, reagierte jedoch umgehend. »Natürlich. Kommt, meine Süßen.« Sie winkte uns nach und warf den Umstehenden furchterregende Blicke zu. »Warum steht ihr hier herum und haltet Maulaffen feil?«, fragte sie streng. »Husch, husch, hier gibt’s nichts zu sehen. Und wer noch mal in diesen Club reinwill, der hat auch nichts gesehen, verstanden?«, warnte sie schroff.
Die Menschen wichen zurück. Ich ging vor Prescot und bahnte ihm einen breiten Weg durch die Massen, während er Eve in seinen Armen zurechtrückte. Georgette lotste uns kom
mentarlos nach unten. Kurz glaubte ich, Ivy in der Masse hervorstechen zu sehen, Ryan neben ihr, der entweder Pause machte oder sich ein paar Minuten mit seiner Freundin stahl. Ich hoffte, dass ich sie später wiederfinden würde, und folgte Georgette zu einer schlichten, lilafarbenen Tür neben der fluoreszierenden Bar. Sie wechselte ein paar Worte mit dem Barkeeper, der uns einen neugierigen Blick zuwarf, ehe er nickte und Georgette die Tür hinter der Bar aufstieß.
Eiskalter Wind schlug uns entgegen. Wir traten in einen engen Hinterhof hinaus. Eine summende Lampe spendete grünes Licht und ließ ein paar Ratten erschreckt davonhuschen.
»So, ich habe an der Bar Bescheid gegeben. In ein paar Minuten holt euch ein Taxi ab«, durchbrach Georgette die angespannte Stille. Nach dem Lärm im Club hatte ich das Gefühl, alles wie durch eine dichte Watteschicht zu hören. »Und jetzt …«, Georgette drehte sich dramatisch um, »… erklär mir das mal, Scotty!« Sie zeigte anklagend auf Evangeline.
Prescot seufzte. »Sie … wir … sie ist abgehauen«, druckste er herum.
»Du hast sie also nicht hier reingeschmuggelt?«, fragte Georgette streng.
Prescots Gesichtszüge verhärteten sich. »Nein, hab ich nicht. Im Gegenteil, ich hab versucht, sie unauffällig wieder hier rauszuschmuggeln.«
»Und wie ist sie hier reingekommen?«
»Keine Ahnung, liegt vielleicht an dem fürchterlichen Türsteher, den du da angestellt hast.«
»An we… ach, Ryan?« Georgette knurrte. »Der ist nicht fürchterlich, der kommt nur dauernd zu spät. Verflucht noch mal, irgendwann steck ich ihn doch noch zum Toilettendienst.«
Ich öffnete den Mund, um die Ehre meines besten Freunds zu verteidigen, als Georgette bereits abwinkte.